Syphilis – Gefahr im Verborgenen

Wie die Infektion sich tarnt – und wie du dich schützt

Syphilis ist eine der ältesten bekannten sexuell übertragbaren Infektionen – und eine, die trotz Antibiotika und moderner Aufklärung nicht verschwunden ist. Ganz im Gegenteil: In vielen Regionen Europas und weltweit steigen die Infektionszahlen wieder an. Lange Zeit galt die Krankheit als nahezu ausgerottet, heute stellt sie erneut eine ernstzunehmende Bedrohung dar – für alle sexuell aktiven Menschen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Lebensstil.

Ein Blick auf die aktuelle Situation

Die Zahl der Syphilis-Diagnosen ist in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. In Deutschland beispielsweise wurde 2023 ein neuer Höchststand an gemeldeten Fällen erreicht. Besonders betroffen sind städtische Regionen und Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartner:innen.

Ein Teil dieses Anstiegs lässt sich durch gestiegene Testfrequenz und ein höheres Bewusstsein erklären. Ein anderer durch tatsächliche Zunahmen von Risikoverhalten, etwa durch Kondomverzicht, das Vertrauen auf HIV-Präventionsstrategien wie PrEP (die keinen Schutz vor Syphilis bietet) oder die Nutzung von Dating- und Hookup-Plattformen, die schnellen sexuellen Kontakt erleichtern

Was ist Syphilis genau?

Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht. Die Infektion erfolgt fast immer durch direkten Kontakt mit Schleimhäuten oder Hautstellen, an denen sich die Bakterien befinden – meist beim Sex. Übertragungen durch Küssen oder Oralverkehr sind ebenfalls möglich. Kondome senken das Risiko, schützen aber nicht vollständig, da Syphilis auch durch Kontakt mit Hautveränderungen außerhalb des von Kondomen bedeckten Bereichs übertragen werden kann.

Die verschiedenen Stadien der Infektion

Unbehandelt durchläuft Syphilis mehrere Stadien:

1. Primärsyphilis:
Innerhalb von etwa 10 bis 90 Tagen nach der Infektion entsteht an der Eintrittsstelle ein schmerzloses Geschwür, oft im Genitalbereich, am After oder im Mund. Weil es weder schmerzt noch juckt, bleibt es häufig unbemerkt. Es heilt meist nach wenigen Wochen von allein ab – die Infektion jedoch nicht.

2. Sekundärsyphilis:
Einige Wochen nach Abheilung des Geschwürs breitet sich das Bakterium im Körper aus. Symptome können grippeähnlich sein, Fieber, Hautausschlag (auch an Handflächen und Fußsohlen), geschwollene Lymphknoten, Schleimhautveränderungen oder Haarausfall. Auch hier verschwinden die Beschwerden nach einiger Zeit – die Krankheit bleibt aber bestehen und ist in dieser Phase hoch ansteckend.

3. Latenzphase:
In dieser Phase treten keine Symptome mehr auf, die Bakterien sind jedoch weiterhin im Körper aktiv. Die Latenzphase kann Monate oder Jahre andauern.

4. Tertiärsyphilis:
Ohne Behandlung kann es im Spätstadium zu schweren Schäden kommen – etwa an Herz, Gefäßen, Knochen oder dem Nervensystem. Diese Komplikationen sind selten, aber gefährlich.

Diagnose und Behandlung

Ein einfacher Bluttest kann Syphilis sicher nachweisen – sowohl bei akuten als auch bei bereits länger zurückliegenden Infektionen. Die Behandlung erfolgt mit Penicillin – je nach Stadium in Form einer oder mehrerer Injektionen. Früh erkannt ist Syphilis gut heilbar. Wer allergisch auf Penicillin reagiert, kann auf alternative Antibiotika zurückgreifen.

Wichtig: Auch nach erfolgreicher Behandlung kann man sich jederzeit erneut anstecken. Syphilis verleiht keine Immunität.

Warum regelmäßige Tests wichtig sind

Viele Infizierte zeigen keine oder nur unspezifische Symptome. Das macht regelmäßige Tests zu einem zentralen Mittel der Prävention. Fachleute empfehlen sexuell aktiven Menschen mit wechselnden Partner:innen, sich etwa alle drei bis sechs Monate testen zu lassen – besonders dann, wenn ungeschützter Sex praktiziert wird.

Testangebote gibt es bei Hausärzt:innen, Gesundheitsämtern, spezialisierten Checkpoints und in vielen Aidshilfen – oft anonym und kostenlos.

Syphilis und andere STIs

Syphilis erhöht das Risiko einer HIV-Übertragung erheblich, da die Geschwüre Eintrittspforten für Viren bilden. Umgekehrt verläuft Syphilis bei Menschen mit HIV oft aggressiver. Daher wird bei einem positiven Test auf Syphilis meist automatisch auch auf andere sexuell übertragbare Infektionen getestet.

Prävention: Schutz beginnt mit Wissen

Der beste Schutz besteht in der Kombination aus Wissen, Selbstverantwortung und offenem Umgang mit Sexualität.

Dazu gehört:

Die Verwendung von Kondomen oder Lecktüchern beim Sex

Regelmäßige STI-Tests – besonders bei häufig wechselnden Partner:innen

Ehrliche Kommunikation über Sex, Risiken und Testverhalten

Das Vermeiden von Sex, wenn Symptome wie Hautveränderungen, Geschwüre oder Ausschläge vorhanden sind

Die Information und ggf. Testung von Partner:innen nach einer Diagnose

Fazit

Syphilis ist eine alte Krankheit mit neuer Relevanz. Sie trifft vor allem dort, wo Sexualität offen gelebt wird – und wo Vorsorge manchmal zu kurz kommt. Die Infektion verläuft oft unbemerkt, ist jedoch hoch ansteckend und kann ohne Behandlung ernsthafte Folgen haben. Gleichzeitig ist sie gut behandelbar, wenn sie früh erkannt wird.

Regelmäßige Tests, geschützter Sex, der offene Austausch mit Partner:innen und ein wachsames Auge für Symptome sind entscheidende Schritte, um sich selbst und andere zu schützen. Wer Verantwortung übernimmt, tut dies nicht aus Angst, sondern aus Selbstachtung – und stärkt damit eine Kultur der Achtsamkeit, Offenheit und Solidarität.

Syphilis mag zurück sein – aber mit Wissen, Testangeboten und medizinischer Versorgung steht niemand dieser Krankheit hilflos gegenüber. Entscheidend ist, genau hinzuschauen, statt wegzusehen.

# Mag. pharm. Manuel Wendl

Fotos: Canva